“Oil creates the illusion of a completely changed life, life without work, life for free. Oil is a resource that anaesthetizes thought, blurs vision, corrupts.” ― Ryszard Kapuściński
Jeder Autofahrer hat es
sicherlich bemerkt, dass Tanken in den letzten Monaten viel günstiger geworden
ist. Aktuell liegt der Benzinpreis (Super) bei circa 1,35/l. Ich kann mich gut erinnern, dass ich vor zwei
Jahren 1,65 € für einen Liter Benzin bezahlt habe. Damals hatte ich mich beschwert
und angefangen mit der Bahn zur Arbeit zu fahren („Analysieren Sie Ihre Ausgaben“).
Der Grund für das
günstigere Benzin ist der fallende Ölpreis. Der Brent-Öl-Preis schwankte von
2011 bis 2013 zwischen 100 und 120 $. Seit Mitte 2014 ist ein starker Abstieg
von 100 $ bis zur 50-Dollar-Marke zu beobachten. 50% weniger innerhalb von
sechs Monaten!
Keiner hatte es
vorhergesehen. Das war sehr überraschend für viele Ökonomen und Anleger.
Der Ölpreis beeinflusst
vieles in der Wirtschaft. Die Auswirkungen eines niedrigen Ölpreises bringen
viele Gelegenheiten für Anleger mit sich ("Gelegenheiten Geld zu schaffen"). Wie bei jedem wirtschaftlichen
Ereignis wird es in diesem Fall auch Gewinner und Verlierer geben:
Volkswirtschaften, Firmen, Aktienmärkte und natürlich Anleger.
Ich möchte ersteinmal
verstehen, warum der Ölpreis gefallen ist. Danach möchte ich mir Gedanken darüber
machen, wer die Verlierer und Gewinner des niedrigen Ölpreises sein können. Es
gibt sicherlich genügend Studien darüber, die man im Internet nachlesen kann. Mit
den entsprechenden Informationen kann ich dann entscheiden, ob ich meine
langfristige Anlagestrategie ändern bzw. anpassen muss („Portfolio-Aktionsplanfür 2015“).
Warum fällt der Ölpreis plötzlich?
Viele wissen, dass die
Produktion von Schieferöl in den USA in den letzten Jahren ziemlich gewachsen
ist. Wobei Fracking in Deutschland noch in der Debatte steht, investieren
amerikanische Firmen in den USA weiterhin in Schieferölproduktion und neue
Technologien. Wie es aussieht, werden die USA demnächst wieder der größte
Ölhersteller der Welt.
Das heißt, dass wir ein wachsendes
Ölangebot auf dem Markt haben. Normalerweise haben die OPEC-Länder das
Gesamtangebot immer angepasst und leicht knapp gehalten, weil sie von einem
hohen Ölpreis profitieren. Die Produktion von Schieferöl wächst seit 2012. Dieses
Wachstum wurde durch die zurückgehenden Ölproduktionen im Iran und in Libyen
ausgeglichen. 2014 war dies aber anders. Während die Produktion in den USA
weiter gewachsen ist, haben auch die OPEC-Länder die Produktion erhöht. Daraus
hat sich ein Überangebot ergeben.
Ein anderer Faktor ist
das schwache Wirtschaftswachstum in Europa und den Schwellenländern. Die Nachfrage
nach Öl ist nicht genauso schnell gewachsen wie das Ölangebot auf dem Markt.
Effizientere Motoren für Autos, besonders in den USA, haben diesen Faktor
weiter unterstützt.
Öl wird auf der Weltmarkt
in Dollar gehandelt. Der starke Dollar im Vergleich zu anderen Währungen hat
die Situation für den Ölpreis verschlechtert.
Dazu gibt es ein paar
Verschwörungstheorien. Eine davon ist, dass die USA und ihre Allierten in den
Golfstaaten Russland und Putin bestrafen möchten. Die Politik Russlands in der
Ukraine und in Syrien hat den USA und Saudi-Arabien sicherlich nicht gut
gefallen. Eine andere Theorie ist, dass die OPEC-Länder den Ölpreis niedrig
halten möchten, damit das Schieferölgeschäft nicht mehr profitabel ist. Unter
70-80 $ lohnt sich die Schieferölförderung in vielen Ölfeldern nicht mehr. Die
Saudis können einen niedrigen Ölpreis verkraften. Die Schieferöl-Unternehmen
aber, die für das Geschäft Kredite aufgenommen haben, haben mit niedrigen
Preisen eventuell Schwierigkeiten.
Eigentlich erklären
Angebot und Nachfrage alleine nicht, weshalb der Preis plötzlich um 50%
gefallen ist. Dabei spielen sicherlich auch Spekulatoren eine Rolle, die den
Preis noch weiter runter treiben, als er eigentlich sein sollte.
All diese Gründe
resultieren in dem heute günstigsten Ölpreis seit 2009. Ich sehe die Sitaution
persönlich ziemlich positiv für die Weltwirtschaft. Die Ölproduktion ist
eigentlich fast ein Monopol. Die OPEC-Länder sitzen auf 81% der Ölreserven und
45% der Ölproduktion der Welt. Sie haben in den letzten Jahrzehnten quasi
bestimmt, wie hoch der Ölpreis sein soll. Billionen wurden von den
Industrieländern, die keine Ölreserven haben, an die OPEC-Länder gezahlt. Der
Ölpreis hat Einfluss auf das Leben von jedem Mensch auf der Welt. Die
Produktionskosten von vielen Lebensmitteln, Transportkosten, Heizkosten,
Herstellungskosten von vielen Waren korrelieren direkt mit dem Ölpreis.
Besonders die armen
Menschen in den Schwellenländern und in Afrika leiden unter dem hohen Ölpreis.
Das Essen wird teurer und die Lebensstandards sinken. Das Geld, das viele OPEC-Länder
am Öl verdienen, wird leider nicht immer für Verbesserung der Lebensstandards der
Bürger in diesen Ländern eingesetzt. Viele Diktaturen werden dadurch stärker.
Während eine kleine Anzahl von Menschen ein Superluxusleben führen, haben viele
Menschen ein Leben in Armut und Schwierigkeiten.
Dank der Technologie ist
die Welt bald nicht mehr abhängig von Öl aus den OPEC-Länder. Die Schieferöltechnologie
wird immer besser. Neue und günstigere Fördermethoden werden das Ölangebot weiterhin
erhöhen. Effizientere Autos, energiesparende Heizungen, alternative
Energiequellen wie Sonne, Wind, Biogas und Atomkraft werden helfen, dass die
Ölnachfrage nicht so schnell steigen wird wie das Angebot.
Endlich sehen wir die
Macht der freien Wirtschaft und des freien Wettbewerbs. Billige Energie hat dem
Wachstum des Wohls der Menschheit in der Geschichte immens geholfen.
Wie kann man nun als
Anleger von billigem Ölpreis profitieren? Einige Optionen sind folgende:
- Investieren in Öl (mit der Annahme, dass der Ölpreis in der Zukunft weiter steigen wird)
- Investieren gegen die Länder, die unter dem niedrigem Ölpreis leiden (mit Hebelprodukten)
- Investieren gegen die Ölkonzerne (mit Hebelprodukten)
- Investieren in Firmen, die von billigem Öl profitieren
- Investieren in Länder, die von billigem Öl profitieren
In meinem nächsten
Artikel werde ich die Optionen analysieren und schauen, ob ich meine
Anlagestrategie für 2015 dementsprechend anpassen muss.